Kleine Organismen schreiben Geschichte in BSA
| Im 16. Jahrhundert galt die Strohgradierung noch als technische Innovation. Da das Stroh aber innerhalb weniger Jahre faulte und das gewonnene Salz verunreinigte, wurde es mit der Zeit durch die Zweige des auch heute noch verwendeten Schwarzdorns ersetzt. Inzwischen weiß man, dass für das Zersetzen des Strohs kleinste Mikroorganismen verantwortlich sind. Sie spalten die Zellulose auf und wandeln sie zu Zucker um. Nun hofft man, die Vorarbeiten der Organismen technisch nutzen zu können, um den Zucker in Alkohol umzuwandeln.
Seit drei Jahren dient Bad Sooden-Allendorf mit seiner unterirdischen Solequelle nun schon für Dr. Bernd-Peter Ernst und sein Team als Forschungsstandort. Neben dem Gradierwerk haben sie ein mit Stroh gefülltes Mini-Gradierwerk errichtet, mit dem sie die in der Sole vorkommenden Mikroorganismen genauer untersuchen. Da das Projekt allmählich zu seinem Ende kommt, sind sie derzeit intensiv mit der Isolierung und Bestimmung der gefundenen Lebewesen beschäftigt. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen von den schätzungsweise 200 bis 300 Kleinstlebewesen bereits 20% in Reinkultur vor. In Fachkreisen stößt besonders die Entdeckung des stäbchenförmigen Bakteriums „Idiomarina loihiensis“ auf große Begeisterung. Es wurde 1999 vor der hawaiianischen Küste nachgewiesen, wo es in dem bis zu 163°C heißen Unterseevulkan Lo’ihi beheimatet ist. Sein Vorkommen in den örtlichen Solequellen macht auf eindrucksvolle Weise deutlich, wie die mikrobiologischen Lebensräume unseres Planeten trotz der enormen Entfernung miteinander verbunden sind.
Die betriebenen Forschungen könnten außerdem einen positiven Nebeneffekt für die Instandhaltung des Badestädter Gradierwerks haben. Bisher mussten der Schwarzdorn alle 15 bis 20 Jahre ausgetauscht werden. Dies bedeutete für die Stadt jedes Mal Kosten in der Höhe von etwa 800.000€. Darauf könnte man eventuell zukünftig verzichten, so der Göttinger Forscher Dr. Ernst. Mit Hilfe einer bestimmten Lösung könnte es nämlich möglich sein, die Calcium-Magnesium-Sulfate aufzulösen, die sich als Verunreinigungen in der Sole befinden und sich in einer dicken Schicht an den Schwarzdornästen ablagern. Damit wären die Untersuchungen am Mini-Gradierwerk eine echte Win-Win-Situation für die Stadt.
-Noelle Bölling-