Inszenierung der „Schneekönigin“

Was ist denn da los? Die Königin von Narnia, die die Kälte liebt und die Menschen hasst, ist mit ihrem unterdrückten Gefolge auf dem Weg zum Casting einer Hollywood-Produktion der „Schneekönigin“. Doch bevor die begehrten Rollen besetzt werden können und Kais Herz in Eis verwandelt werden kann, öffnet sich eine Dose der Pandora, aus der zahllose reale und erfundene Gestalten springen und sich in immer neuen Variationen in Erinnerung rufen – und „besetzt“ werden wollen:
Da wird nebenbei der Zauberer von Oz veralbert, Michael Jackson und Mr. Bombastic rocken die Bühne, über die auch ein Papagei und ein koffeinsüchtiger Affe toben, ein Herzensbrecher wird von seinen jeweiligen Geliebten entlarvt und geohrfeigt, es erklingen Takte aus „James Bond“, dem „Phantom der Oper“ wie auch aus „Schwanensee“, wird es doch „Zeit, wieder emporzusteigen und die Wesen des Lichts zu zerstören“.
Der Auftritt von Mrs. Hart, der hartherzigen und strengen Ballettlehrerin, kontrastiert wunderbar mit den beiden prolligen Schönheiten, den „Bitches“ Chantal und Natalia, die beide dem Film „Fack ju Göhte“ entsprungen sein könnten: Sie klagen über ihren „voll behinderten Text“: „Viel zu viele Substantive und zu viele Adjektive, echt jetzt…“. Dabei sind „die Textzeilen sowieso alle geklaut“. Und so begeistern die Beiden am Ende das Publikum lieber mit ihrer Version des Ententanzes, wobei sie einfach entzückende Schweinenasen tragen.
Nein, die „Kunst muss keinen Sinn machen“, erfährt der Zuschauer bald. Und: „Unser Stück hat keine Botschaft, aber es spielt Geld ein – so ist das doch in Hollywood auch.“
Überhaupt: Nicht nur affektierte Schauspieler, sondern auch ein sprunghafter Regisseur, eine jähzornige Produzentin, ein eingebildeter Sponsor – die ganze Filmwelt bis hin zum Bodyguard bekommt ihr Fett weg. Unbestrittener Liebling des Publikums aber wird die „Maske“, überzeugend „queer“ gespielt vom gerade 12-jährigen Lennart Schulz.
Für die Maske und den Rockmusiker Freddy („Mein Lehrmeister war die Straße“) ertönt schließlich der Hochzeitsmarsch, und bei der Oscar-Verleihung bedankt sich Chantal „bei meiner Nase. Ohne die hätte ich es nie geschafft.“
Dieses ebenso kreative wie furiose Sampling aus Zitaten, Anspielungen und ironischen Verweisen hält das Publikum zwei Stunden lang in Atem – und sicherlich auch Christian Wiechert und Emma Hügli, die für ein solides musikalisches und technisches Arrangement dieses Feuerwerks an Ideen sorgen. Das Stück endet mit dem politisch-korrekten Abspann, demzufolge im Laufe der Produktion „keine Tiere geschädigt wurden, auch keine Aliens..“