Neue Fenster für die Kirchengemeinde St. Marien

IMG_7119Mit ca 80 geladenen Gästen feierte die Kirchengemeinde St. Marien in Sooden am 18. Juli 2015 im Rahmen eines Festaktes die Einweihung der insgesamt 11 neu restaurierten Kirchenfenster. Die Renovierungsarbeiten erstreckten sich über beinahe zwei Jahre. Die Finanzierung wurde durch viele Einzelspenden, eine erhebliche Erbschaft sowie durch das tolle Engagement ehrenamtlicher Aktionen und letztlich auch mit der Unterstützung des Kirchenkreises gestemmt. Pfarrer Dr. Daniel Bormuth überraschte die Anwesenden mit einem anschaulichen Vortrag zur wechselvollen Geschichte der Marienkirche und ihrer räumlichen Ausgestaltung. Dabei ging er auf den nicht ganz geklärten Ursprung der Marienkirche ein. Für ein Lachen unter den Gästen sorgte die Äußerung, St. Marien sei ehemals nur eine „Filialkirche“ von St. Crucis in Allendorf gewesen. Die Pfänner sorgten um 1218 dafür, dass die wenigen Solearbeiter eine „Salzkirche“ bekamen. Im Zuge der Reformation durch Martin Luther setzte der Hessische Landgraf Philipp der Großmütige im Jahr 1526 als ersten Pfarrer in Sooden Magister Johannes Kymaeus (1526 -1536) ein. An dieser Stelle wies Dr. Bormuth die Besucher darauf hin, dass bis zum heutigen Tage 30 Pfarrer in Sooden „das Wort zum Sonntag“ predigten mit einer überdurchschnittlichen Dienstdauer von 16,5 Jahre. „Das lag und liegt sicher an der guten Luft in Sooden und den umgänglichen freundlichen Kirchenmitgliedern“, begründete er schmunzelnd diese Statistik. Die Berufung von Johannes Rhenanus als Pfarrer und Salzgrebe (1555 – 1589) sei für die KircheCIMG2172 und die Stadt ein Glücksfall gewesen. Rhenanus optimierte die Salzgewinnung und führte die Söder Salinen im 16. Jahrhundert zu einer der führenden in Deutschland. Über seine Erkenntnisse und Fortschritte, die er auch auf vielen Reisen erwarb, schrieb er die legendäre Salzbibel. Mit dem Abschluss der ewigen Lokration im Jahre 1586 wurden dem Landgrafen alle Rechte an der Saline für immer übergeben – für Rhenanus der Höhepunkt seiner Schaffenskraft. 1589 wurde er in der St. Marienkirche beigesetzt. Während des 30-jährigen Krieges wurde Bad Sooden-Allendorf 1637 fast völlig zerstört und damit auch die Marienkirche. Der damalige Landgraf Karl von Hessen (1677-1730) nahm sich dem Neubau der Kirche an, so dass nach über 60 Jahre, im Jahre 1699, die neue und heutige Marienkirche eingeweiht werden konnte. Damals wurde die Frage laut, warum Sooden so eine große und kräftige Kirche brauche und dies auch noch auf Staatskosten – Landgraf Karl war streng gläubig und es war ihm ein persönliches Anliegen, den Södern ein eigenes Gotteshaus zu ermöglichen. Dies geschah auch aus großer Dankbarkeit für das „weiße Gold“ – Salz und Sole. Dieses bescherte ihm sichere Einnahmen und er war nicht auf eine Salzeinfuhr aus fremden Territorien angewiesen. Die 1702 aus edlem Kirsch-und Nussbaumholz angefertigte stattliche Kanzel mit reichlichen Verzierungen und einem großen Schalldeckel wurde ebenso auf Wunsch des Landgrafen gebaut, wie die um 1700 errichtete Orgel. Ein Prachtexemplar für die damalige Zeit und einzigartig für den Spätbarock. Noch heute erinnert eine Gedenktafel in der Marienkirche mit den Initialen „LC“ (Landgraf Carl) und der Inschrift „Cuius nomen sit in benedictione“ (dessen Name gepriesen sei) an das Engagement des IMG_7143Landgrafen. Eine Kirche sei nicht statisch, sondern werde stetig verändert, renoviert, umgebaut und neu gestaltet – ganz so wie das Gemeindeleben, erörterte Pfarrer Bormuth. 1955, unter Pfarrer Breuer, sei ein weiteres Fenster eingebaut, die Empore zurückversetzt und die Kirchenbänke getrennt worden, so dass seitdem ein Mittelgang bestehe. In 2000/2001 wurde mit Hilfe des Handwerkerunterstützungsvereins und des Brunnenfestvereins die Kirche hell gestrichen; vor 10 Jahren ergänzten die musizierenden Engel die eher schlicht gehaltene Kirche, zu der sich am 20.09.2015 ein weiterer Engel gesellen werde. Die nächste bauliche Veränderung mit der Renovierung der äußeren Treppenstufen befinde sich bereits in Planung. Musikalisch anspruchsvoll umrahmt wurde dieser geschichtsträchtige Abend von Yen-Lin Shih Ochs (Orgel), Marion Linse und Hanna-Maria Bormuth (Violine) sowie Bettina Bormuth(Flöte) mit Sonaten von Johann Sebastian Bach und Georg Philipp Telemann. Bei Käsesnacks und Sekt hatten die Besucher anschließend Gelegenheit, das Gehörte Revue passieren zu lassen und die herrlich sommerlichen Abendtemperaturen in Verbindung mit dem besonderen Ambiente des Kirchplatzes zu genießen. Auch der Sonntag stand ganz im Zeichen der neuen alten Fenster. Beginnend mit einem Festgottesdienst und musikalischer Gestaltung durch den Kirchenchor, dem Bezirkskantor Christopher Weik sowie Bettina Bormuth(Flöte)waren alle Besucher im Nachgang zu einem Gemeindefest mit süßen und herzhaften Speisen, kalten und warmen Getränken auf die Stufen von St. Marien eingeladen. Ein großer Dank gilt hier allen ehrenamtlichen Helfern und dem Kirchenvorstand St.Marien, der diese Einweihungsfeier wunderbar vorbereitet hat! Der Erlös des Gemeindefestes fließt dabei der geplanten Erneuerung der Treppe zu. Ganz nach dem Motto: Nach der Renovierung ist vor der Renovierung!