Eindrücke vom Adventsmarkt an der Rhenanus-Schule
|„Kaufen Sie doch ein Wunschglas – damit gehen Ihre Wünsche in Erfüllung, ganz bestimmt!“ Mit viel Überzeugungskraft und einem gewinnenden Lächeln empfehlen drei Schülerinnen aus der 5. Klasse den Basar-Besuchern ihre mit vielen Glückssternchen gefüllten Zaubergläser: „Fünf Wünsche haben Sie frei, wenn Sie das Glas kaufen. Sie brauchen nur die Augen zu schließen, das Glas an die Stirn zu halten und ganz fest an die Wünsche zu denken – dann klappt es garantiert! Wir haben es schon ausprobiert.“ – Der Besucher kann sich dem Glücksversprechen dieser drei guten Feen nicht entziehen und öffnet gern die Geldbörse, zumal die Einnahmen ohnehin für gute Zwecke bestimmt sind. Ein großer Teil fließt in das Flüchtlingshilfe- Projekt der Rhenanus-Schule. Der am Stand gegenüber angebotene Punsch und der von dort herüberwehende Crepes-Duft rufen noch mehr Adventsstimmung hervor – und haben auch bereits eine lange Schlange vor den beiden Waffeleisen entstehen lassen. Als die Kinder an diesem
Stand, ganz kundenorientiert, ihrem Klassenlehrer vorschlagen, doch noch ein drittes Waffeleisen anzuschließen, belehrt dieser – ganz Naturwissenschaftler – die Kinder über die Gefahren überlasteter Stromkreise. Auf die Besucher warten aber ohnehin noch zahlreiche andere liebevoll dekorierte Verkaufsstände mit kulinarischen und kreativen Angeboten: Da gibt es Stollen, Plätzchen, Knusperhäuschen, Weihnachtsgestecke, aus Baumstümpfen gefertigte Trolle und viele andere Bastelarbeiten. Ein Herz für den modernen Menschen mit viel zu wenig Freizeit und Muße im Advent zeigen die Kinder an einem Stand am anderen Ende des Marktes: Sie bieten dem vom Vorweihnachts- Stress geplagten Workaholic die zeitgerechte Gebrauchsanweisung „15 Minuten Weihnachten in der Tüte“: Ein kleiner Wunderbehälter mit weißem Schleifchen. Im Inneren findet man offenbar alles, was man braucht, um sich in Rekordzeit in Adventsstimmung zu versetzen: „Tee zubereiten – Kerze anzünden – Geschichte lesen – Tee und Plätzchen sind auch dabei“, heißt es auf der Tüte. Ebenfalls ein sehr praktisches Angebot dieser Marketing- Fachleute: der Kuchen im Glas. Alle Zutaten, die man etwa für einen Kokos-Cranberry-Kuchen benötigt, befinden sich in einem Einweckglas. Das Rezept gibt es – in schöner Kinderhandschrift verfasst – gratis dazu. In dieser fröhlichen Stimmung lässt der Besucher sich gern auch auf ein Glücksspiel ein und leistet sich eine handvoll Lose aus der Advents-Tombola. Zu seiner großen Überraschung zieht er überhaupt keine Nieten, sondern nur Gewinne: Frisbee-Scheiben, Kugelschreiber und Rollen im Tesa- Film-Format, die sich in Wasser angeblich zu einem Überraschungsartikel verwandeln sollen (Tatsächlich! Es ist ein Handtuch). Die fleißigen Kinder dieser Klasse haben mehr als 100 kleine Geschenke verpackt, die sie zuvor von den Eltern und anderen gro.zügigen Sponsoren eingeworben haben (ein gewisser Schwerpunkt scheint bei einer Krankenversicherung zu liegen, deren kurzer Name nur zwei verschiedene Buchstaben enthält – viel Spaß beim Raten). Als Höhepunkt an diesem Stand lockt obendrein die Verlosung des Hauptgewinns: ein gigantisches Hexenhaus, das den Gewinner kalorientechnisch mühelos über den Winter bringen dürfte. Da kann selbst der Weihnachtsmann nicht widerstehen. Er lässt sich gern mit Besuchern ablichten – und erinnert von fern an einen jungen Kugelstoßer aus dem Leichtathletik-Kader des Schulsportclubs. Um 18:00 Uhr wurde es noch festlicher: Chor und Orchester der Förderstufe unter Leitung von Inga Löser treten auf und spielen weihnachtlich („Feliz Navidad“) und – ganz aktuell – auch eines der Lieblingslieder der Kinder: Namikas „Lieblingsmensch“: Der Text passt in dieser Atmosphäre durchaus auch zur Adventszeit: „Manchmal wiegt der Alltag schwer wie Blei (…) / Doch jetzt lachen wir, als wenn du nie weggewesen wärst“. Als Schlusspunkt des Abends folgt die Inszenierung des Märchens „Die Schöne und das Biest“ durch Isabelle Stern und eine große Theatergruppe von Kindern aus den Klassen 5 bis 10, die durchweg in aufwendig gestalteten Kostümen auftreten und fast schon professionell geschminkt sind. Das alte französische Märchen thematisiert den Gegensatz von Bescheidenheit und Selbstsucht, von Unsicherheit und Arroganz, von Gut und Böse. Aber wie so oft zeigt sich, dass auch das vermeintlich Böse voller Zärtlichkeit und Zuneigung sein kann, wenn man ihm nur die Chance dazu bietet. Die Inszenierung in der vollbesetzten Aula dauert mehr als eine Stunde und findet ihren Höhepunkt im Tanz aller Akteure, in dem deutlich wird, wie viel Spaß den vielen Schüler/innen die Arbeit an diesem Stück bereitet hat. Für die Kinder und Lehrer in der Aula und an den Verkaufsständen gilt: Es ist bewundernswert, was sie in dieser hektischen und von Arbeiten und Tests gefüllten Vorweihnachtszeit zu Stande bringen können, wenn man ihnen die Gelegenheit dazu gibt. Ob der eine oder die andere wohl heimlich eines der oben erwähnten Wunschgläser zur Hilfe genommen hat, um dieses Pensum zu schaffen?